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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 25.01.2010


Universalove
Clarissa Lempp

Dass die Liebe viele Gesichter hat, ist nichts Neues im Kino. In Universalove zeigen Regisseur Woschitz und die Band Naked Lunch aber, dass es noch viele neue Ideen gibt um das filmisch zu verpacken




Ein Herz pumpt wild in einem Brustkorb. Der Schlag gibt den Rhythmus für einen hypnotischen Sound, der sich langsam um uns legt und Schicht für Schicht legt sich auch menschliche Masse, Kleidung und Hülle über das Organ, bis wir sehen, dass dieses Herz einer jungen Frau gehört. Die rast mit ihrem Motorroller an der Küste entlang, den Hügel hoch, auf dem sich zwei Männer gegenüber stehen. Sie ruft einen Namen, "Rashid" und wir wissen, hier geht nichts Gutes vor, wir wissen, der für den ihr Herz schlägt, ist in Gefahr.

Universalove erzählt von Liebesgeschichten auf der ganzen Welt, die uns in allen Schatten- und Sonnenseiten vertraut erscheinen. In Marseille ist es Julie und ihr Herz, das wild für Rashid schlägt. In Brasilien wird eine Favela-Bewohnerin vom angehimmelten Soap-Darsteller angefahren, der sie einfach in sein Auto steckt und mit zum Dreh nimmt. Und diese Soap läuft auf allen Fernsehgeräten dieser Welt und bringt uns weiter, nach Tokio, wo ein Computer-Tüftler heimlich eine Suppenköchin liebt. Nach Serbien, wo eine Hochzeitskleid-Schneiderin seit 15 Jahren versucht, ihrer Liebe zu dem unentschlossenen Musiker einen Rahmen zu geben. Die Liebe als etwas unkalkulierbares und genauso universelles wie zufälliges. Sie kann unser Leben aufrütteln, so wie bei dem Luxemburger Geschäftsmann, der sich die Liebe zu einem jungen Mann eingesteht.

Die Episoden von Universalove durchdringen sich fragmentarisch und sind verbunden über den einnehmenden Soundtrack, von der Band Naked Lunch eigens für den Film komponiert. Diese musikalische Spur zieht sich auch in die Bilder, deren Schnittrhythmus an einen Musik-Clip erinnern. Die sich auflösen dürfen in ein klirrendes Lichtgeflacker einer Stadtskyline. Die wackeln, Bewegungen verlangsamen und stehen bleiben. Überhaupt sind die Liebenden in Universalove bewegte Liebende. Sie sitzen in Autos, auf Motorrollern, in U-Bahnen, Taxis oder gehen durch die Straßen Tokyos. Sie verlassen ihre eigene kleine Welt für den anderen oder finden im schwerelosen Zustand des Wassers körperlich zueinander. Sie begeben sich an all diese Unorte, die vorbeiziehen oder uns den Boden unter den Füßen entziehen, eben solche Unorte wie die Liebe selbst einer ist - und wir alle haben größtes Verständnis dafür.

AVIVA-Tipp: Die experimentelle Bildgestaltung und die Musik von Naked Lunch erschaffen ein atmosphärisches Erlebnis. Die SchauspielerInnen atmen ihre Rollen und die großen Gefühle finden sich in den kleinen Gesten. Universalove findet einen ganz eigenen Rhythmus zwischen poetischer Langsamkeit und atemloser Videoclip-Ästhetik. Ein filmisch frischer und beeindruckend umgesetzter Beitrag zum alten Menschheitsthema.

UNIVERSALOVE
Österreich, Luxemburg, Serbien 2008
Ein Film von Thomas Woschitz und Naked Lunch
DarstellerInnen: Anica Dobra, Dusan Askovic, Damien Smith, Sri Gordon, Daniel Plier
Sprache: engl, port, serb, fr, jap, lux mit dt. Untertiteln
83 min
Kinostart: 28. Januar 2010

Mehr zum Film: www.universalove.com


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Beitrag vom 25.01.2010

Clarissa Lempp